Dieses kleine Buch habe ich nie besessen. Aber es entscheidet über mein Leben.
Ich bin einer von 10 Millionen Menschen weltweit die keinen Pass besitzen und somit staatenlos sind. Für diese Menschen bedeutet das meist ein Leben im Illegalen. Auch in Deutschland leben viele Menschen ohne Papiere.
Aber es gibt Wälder, es gibt Holz, es gibt Papier.
Also machte ich mich auf den Weg, mir meinen eigenen Pass zu beschaffen. Ein Leichtes.
Und hier ist er, mein Pass. Gefüllt mit Interviews Betroffener und den Verordnungen und Erlässen unserer Regierungen.
Auf jedem Papier steht seit 40 Jahren das Gleiche. Die Regierung weist an, ein Komitee zu gründen, das sich damit beschäftigt, dass JEDER Mensch in Libyen eine Nummer erhält. Wer diese Nummer hat, kann dann eine Staatsbürgerschaft beantragen. Eine gute Sache.
Nun bin ich auch seit fast 40 Jahren auf dieser Welt und ich habe noch immer keine Nummer. Die Behörden sagen, es sei in „Bearbeitung“ …
Aber jetzt habe ich meinen Pass. Den Pass eines Freien Libyen. Und vielleicht gibt es dieses Land irgendwann. Vielleicht erst, wenn ich gestorben bin. Und niemand wird es bemerken, denn es kann keine Nummer gelöscht werden, die es nicht gibt.
Der Paß ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustand wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustande kommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Paß niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird.
Bertolt Brecht, Flüchtlingsgespräche, 1940/41
The noblest part of man is his passport. A man can come into the world anywhere, in the most careless way and for no good reason. But not a passport. That’s why its accepted if its good, but a man can be as good as he wants and no one will accept him.
Bertolt Brecht, Refugee conversations, 1940/41