Ich bin in Ubari geboren, im Tal des Wadi al-Agial im zentralen Bereich der Sahara. In der Vergangenheit durchquerte unser Tal eine der wichtigsten Routen der Transsahara-Karawanenstraße von den Gebieten Westafrikas zu den Häfen am Mittelmeer.
Geboren als Sohn einer Tuaregfamilie. Geboren als Sohn staatenloser Eltern und damit selbst staatenlos. Geboren als Mensch zweiter Klasse im eigenen Land.
Wenn man in Libyen kein Familienbuch besitzt, ein amtliches Dokument, in dem die Namen und Geburtsdaten aller Familienangehörigen aufgeführt waren und auch Sterbedaten und Todesursachen, erhält man keine Nationalnummer, keinen Pass und viele Türen bleiben einem verschlossen.
Tuareg sind somit nicht im zentralen Melderegister registriert. Damit ist es z.B. nicht möglich ein Bankkonto zu eröffnen, zu studieren oder Arbeitsverträge abzuschließen.
Jetzt bin ich in Europa und wünsche mir nichts sehnlicher als ein normales Leben.
Aber was ist normal?
Ich wundere mich immer noch darüber, dass das Boot, mit dem wir in Libyen ins Meer gestochen sind, uns tatsächlich getragen hat. Wir waren 500 Menschen, die nichts zu verlieren hatten, außer ein Leben ohne Zukunft. Und es ist unglaublich, dass unser kleines Boot von 17 m Länge nicht gesunken ist.
Die Küstenwache bringt uns nach Lampedusa, meine ersten Schritte in Europa. Und schon geht es weiter. Italien ist nicht bereit für mich und meint ich muss nach Deutschland. Mein Ziel war nur Hoffnung auf ein Leben, egal in welchem Land.
Dann soll dieses Leben wohl in Deutschland sein.
Verfahren zum MENSCHEN MBAREK
2016 – Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
2016 – Bescheid Bundesamt
- Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft
- Feststellung dass kein Abschiebungsverbot vorliegt
- Aufforderung die BRD innerhalb von 30 Tagen zu verlassen
2016 – Einreichung der Klage beim Verwaltungsgericht
2018 – Verhandlung zur Klage
2018 – Urteil des Verwaltungsgerichts
- Ablehnung der Klage
- Damit bin ich geduldet und kann jederzeit abgeschoben werden
2020 – Erlangung eines Aufenthalttitels nach Beschluss der der sächsischen Härtefallkommission für ein Jahr / Verlängerung nach Vorlage meines Passes
Schau dir die Wolke an, wie sie weint.
Schau dir den lachenden Garten an.
Der Geduldete Mensch
Aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden:
Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger im Heimatland die Todesstrafe droht, liegen nicht vor.
Aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden:
Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung könnte im Einzelfall zwar nicht ausgeschlossen werden, eine tatsächliche Bedrohungssituation könne jedoch aus den Ausführungen im Rahmen der persönlichen Anhörung nicht abgeleitet werden. Auch ergebe sich aus der zweimonatigen Inhaftierung keine individuelle Verfolgungshandlung,…da eine größere Anzahl von Personen des Ortes in Gewahrsam genommen worden.
Aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden:
Es fehle an einer gezielten Gefahr, die den Kläger ganz persönlich betreffe. Es sei zwar davon auszugehen, dass in Libyen ein innerstaatlicher Konflikt bestehe oder zumindest nicht ausgeschlossen werden könne.
Amnesty international:
Die Todesstrafe blieb in Kraft, 2017 gab es jedoch keine Berichte über Hinrichtungen.
Amnesty International 2018:
Sowohl militärische Kräfte der rivalisierenden Regierungen als auch bewaffnete Gruppen und Milizen begingen 2017 schwere Verletzungen des Völkerrechts und Menschenrechtsverstöße, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden. Alle Konfliktparteien verübten wahllose sowie gezielte Angriffe auf dichtbesiedelte Gebiete, die zum Tod von Zivilpersonen und rechtswidrigen Tötungen führten.
Tausende Menschen wurden von bewaffneten Gruppen verschleppt, willkürlich festgenommen und zeitlich unbegrenzt inhaftiert.
Amnesty international:
Die konkurrierenden Regierungen und Hunderte von Milizen und bewaffneten Gruppen kämpften 2017 weiterhin um die Vorherrschaft und die Kontrolle über bestimmte Gebiete, lukrative Handelsrouten sowie strategisch wichtige Militärstandorte.